Bereits im vergangenen Dezember hat Philipp Rösler die neue Richtung vorgegeben und angekündigt, dass das Jahr 2011 das "Jahr der Pflege" werde. Sicherlich hat er hier einen wunden Punkt getroffen, da es in keinem Bereich der Sozialversicherung so viel Grundsätzliches zu tun gibt wie auf dem Gebiet der Pflege. Es gibt viel zu tun: Es bedarf einer dringenden Überarbeitung im System der Einstufung von den Bedürftigen in die Pflegestufen, zudem ist dringendes Handeln beim Mangel an Pflegekräften gefordert und auch die Finanzierung der Pflegeversicherung muss dringend reformiert werden. Doch da die Prognosen sehr besorgniserregend sind, gestaltet sich letztgenanntes eher schwierig. Bei einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung wird sich laut unterschiedlicher Modellrechnungen bis zum Jahr 2050 hin die Zahl der pflegebedürftigen Personen von aktuell 2,1 auf bis zu vier Millionen Menschen verdoppeln. Damit dürfte sich der Beitrag zur Pflege von zurzeit 1,95 Prozent auf nahezu drei oder eventuell sogar mehr als vier Prozent hin entwickeln.

 

Ergänzung durch Kapitaldeckung

Um den Beitragsanstieg wenigstens zu dämpfen verfolgen die Union und die FDP bereits seit einigen Jahren das Ziel die Pflegeversicherung um eine Kapitaldeckung zu ergänzen, ganz nach dem Vorbild der Rentenversicherung. Zu Zeiten der großen Koalition hat es die Union nicht geschafft diese Pläne durchzusetzen. Daher wurde das Ziel im Hebst 2009 mit im Koalitionsvertrag mit der FDP verankert. Neben dem bestehenden Umlageverfahren soll es laut diesem Vertrag eine Ergänzung durch eine Kapitaldeckung geben. Dessen Gestaltung soll individualisiert, verpflichtend und generationengerecht sein. In dieser Aufzählung spielt wohl das Wort individualisiert die größte Rolle, da die gestellten Anforderungen nur dann umsetzbar sind, wenn in der Zukunft jede versicherte Person eine eigene Zusatzversicherung zur Pflegeversicherung abschließt.

Große Probleme bei der Umsetzung

Während diese Planung auf den ersten Blick doch recht leicht umzusetzen erschien, entpuppte sich dieses Thema im Laufe der Zeit zu einem enorm großen Problem. Denn je länger die Pflegeexperten im Gesundheitsministerium und in der Koalition debattierten, desto mehr Zweifel und Fragen kamen auf. So zum Beispiel danach, wofür das Kapital verwendet werden soll, was damit geschieht, wenn eine Person nicht pflegebedürftig wird und die danach, wie es möglich werden wird, dass auch die älteren Menschen noch genügend Geld ansparen können. Eine weitere wichtige aufkommende Frage ist die danach, wo die Mittel herkommen sollen, die eventuell dafür eingesetzt werden müssen um bezahlbare Prämien notfalls durch einen Sozialausgleich zu erreichen. Es entstanden Fragen über Fragen, auf die sich keinerlei befriedigende Antworten fanden. Unter anderem zeigen verschiedene Modellrechnungen auf, dass gerade die eigentlichen Beiträge vor allem in der Anfangszeit wieder durch die Verwaltungskosten aufgefressen werden. Gleichzeitig haben verschiedene Rechnungen ebenfalls gezeigt, dass sich die Dimension für einen notwendigen Sozialausgleich in einem Rahmen von bis zu sechs Milliarden Euro hin bewegen. Wolfgang Schäuble (CDU), Finanzminister, hat den Gesundheitspolitikern mehr als deutlich gemacht, dass sie von ihm keinerlei Geld erwarten können.

Versorgungsfond des Bundes für die Beamten dient als Vorbild

Nun erscheint als Lösung des Problems eine gemeinsame Kapitalrücklage aller versicherten Personen. Beispielsweise gilt für dieses Modell der Versorgungsfond des Bundes für die Beamten als ein Vorbild. Diese Rücklage wird als Sondervermögen geführt, in die der Bund schon seit einigen Jahren einen Teil der Lohnerhöhungen für Beamte einbezahlt. Verwaltet wird dieses Geld von der Bundesbank, welche es auch am Kapitalmarkt anlegt. Geplant ist, dass dieses Sondervermögen später für die Pensionszahlungen verwendet wird. So kann es ebenfalls auch für die Pflegeversicherung laufen. Unlängst haben die Ersatzkrankenkassen bereits den Vorschlag unterbreitet, dass der Beitragssatz zur Pflegeversicherung stärker angehoben werden solle als eigentlich notwendig, damit auf diese Weise die notwendige Rücklage aufgebaut werden kann. Nun kommen aber auch Vermutungen auf, dass die FDP womöglich darauf bestehen werde, dass der Beitrag, der erhoben wird, unabhängig vom Einkommen festgesetzt werde. Vollkommen offen ist dabei aber, wie hoch die Rücklage sein muss und damit einhergehend auch der zusätzliche Beitrag. Unter anderem hängt dies davon ab, in welcher Form das System der Pflegestufen von der Koalition verändert werden wird. Das oberste Ziel dieser Reform besteht dabei darin, dass die Leistungen für Demente verbessert werden.